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[en] Architektur Galerie Berlin

Bauwelt 15-16 / 2011 Perspektivwechsel

Kirsten Klingbeil

Die Rektorin möchte eine expressive Fassade: „Es wäre schön, wenn die Fassade die Vielfalt unserer Schüler widerspiegeln könnte.“ Eine Vorstellung, wie die Fassade aussehen könnte, zeigt sie in einer Zeichnung: Wie ein Regenbogen laufen farbige Streifen diagonal über die Fassade. Mit der Farbgestaltung hat der Hausmeister kein Problem, aber er mahnt: „Bitte an die Ballwurfsicherheit der Fassade denken!!!“ Er hat auch ein Bild dabei – von einem Fußball. Er will wohl sichergehen, dass sein Einwand dieselbe Relevanz hat wie der der Rektorin. Eigentlich gehört die Stadtverwaltung noch zur Runde, doch die hält sich erstmal raus. Jetzt sind die Architekten am Zug: „Expressiv“.

„Ballwurfsicher“, „Spiegel der Schüler“ lauten also die Vorgaben für die Fassade. Die Architekten schlagen eine einfarbige Fassade vor, mit gelben Fensterrahmen und blauen „Vitrinenfenstern“ für jede Klasse, die wie Schaukästen von den Schülern gestaltet werden können und nachts beleuchtet werden sollen. Zum besseren Verständnis wird als Konzeptbild ein Setzkasten gezeigt. Da will die Stadtverwaltung dann doch mitreden: „Bei Abendbeleuchtung der Vitrinen auf geringsten Energieverbrauch achten (LED). Nachbarn dürfen nicht geblendet werden!“

Eigentlich fand diese Diskussion über die Fassadengestaltung für die Theresen-Grundschule in Germeringen, die von den Architekten Gruber + Popp generalsaniert wird, schon vor einiger Zeit statt. Aber natürlich nicht in der Architektur Galerie Berlin – da gehört sie zur aktuellen Ausstellung –, sondern in der Matrix. Die Matrix ist eine Kommunikationsplattform. Zunächst aus DIN-A4-Papier, Bleistift, und Faxmitteilungen bestehend, hat sie sich mittlerweile zu einer interaktiven Plattform im Webformat entwickelt, die für die beteiligten Parteien jederzeit erreichbar auf dem Server von Google steht. Gruber + Popp Architekten haben die Matrix konzipiert, um die entscheidenden Parteien im Planungsprozess aktiv mit einzubeziehen. Architekten und Bauherren können jeder Zeit auf die Matrix zugreifen, den aktuellen Planungsstand abrufen, diesen kommentieren und den anderen ihre eigenen Ideen präsentieren.

Die Architektur Galerie Berlin stellt die Matrix anhand von drei Projekten von Gruber + Popp in Fotos, Animationen und Plänen vor. Zusätzlich – und das ist der viel spannendere Teil der Ausstellung – gibt es zahlreiche Auszüge aus der Matrix selbst. Und so steht hier denn auch nicht das fertige Bauwerk im Vordergrund, sondern die Kommunikation zwischen Architekt und Bauherr während der laufenden Planung. Das Augenmerk wird dabei auf die kleinen, oft komischen, aber auch produktiven Momente im Abstimmungsprozess zwischen dem Architekten und dem „architektonischen Laien“ gelenkt. Für Doris Gruber und Bernhard Popp ist die gelungene Kommunikation beider Parteien der erste Baustein für ein erfolgreiches Ergebnis.