Längst ist es gar nicht mehr so wichtig, ob die Bauten eines Büros, das in der Architektur Galerie Berlin ausstellt, einen vom Hocker reißen oder nicht – man ist einfach jedes Mal aufs Neue gespannt, was sich die Aussteller haben einfallen lassen, um sich vollkommen anders zu präsentieren als ihre Vorgänger. Inzwischen scheint es einen regelrechten Originalitätswettstreit zu geben, bei dem ziemlich alt aussähe, wer sich trauen würde, nur mit Plänen und Fotos in der Karl-Marx-Allee anzurücken.
Nun also Günter Katherl, Martin Haller und Ulrich Aspetsberger, die seit 2001 in Wien unter dem Namen Caramel zusammenarbeiten. Ein gewisser Sinn fürs Unkonventionelle spricht schon aus dem Büronamen, und ziemlich schief und schräg sind auch die Entwürfe der drei. Das führt nun allerdings nicht dazu, dass sie sich lediglich auf dem Papier austoben würden – nein, Caramel hat ein überraschend breites gebautes Œuvre in Österreich vorzuweisen: von Einfamilienhäusern über Geschosswohnungen (Bauwelt 29.11) bis hin zu Institutsbauten.
Wer erkunden möchte, wie die Häuser genau funktionieren, was für räumliche Qualitäten sie haben, der muss das Buch „Forget Architecture, Schätzchen“ zur Hand nehmen. In der Galerie jedoch haben Caramel einen verblüffenden Versuch über zwei- und dreidimensionale Wahrnehmung aufgebaut: Eine Modelleisenbahn-Lokomotive fährt durch eine Berglandschaft, in die Häuser von Caramel hineingestellt sind – als zweidimensionale Fotos; eine in die Lok eingebaute Kamera filmt die kleine Rundfahrt ab; ein Beamer überträgt alles live auf eine Galeriewand. Und siehe da, die Bauten von Caramel wirken in der Projektion mit einem Mal überraschend räumlich, viel räumlicher als auf dem Modell selbst. Ein kleines Wunder! Zu empfehlen nicht nur für heimliche Modelleisenbahn-Liebhaber.