Bauwelt 40.2016
Gartenschau – Edelaar Mosayebi Inderbitzin aus Zürich haben die Architektur Galerie Berlin bepflanzt
By Jan Friedrich

Review

Es riecht: nach Wald. Man läuft über Kies und durch gefallenes Herbstlaub. In dem Busch ganz links, hinter einem moosbewachsenen Sandsteingesims, das hier schon seit Jahrzehnten herumzuliegen scheint, raschelt es. Ein Igel? Von rechts ruft ein Uhu. Aus dem Rhododendron ist immer wieder ein Platschen zu hören. Offenbar hat der steinerne Frosch, der darunter sitzt, großen Spaß daran, in den Tümpel zu springen.
Die Pflanzen sind echt, Gartenstühle stehen herum, ein Tischchen, eine Gießkanne, auf der Handschuhe liegen, als habe der Gärtner sie eben dort abgelegt, eine Handvoll Leuchten taucht die Szenerie in sanftes Licht. Der alte Garten, in dem man sich hier zweifellos befindet, wird rundherum von einem knorrigen Moorwald gefasst. Nun, der ist nicht echt, sondern eine Fototapete.
Gärten, schreiben die Zürcher Architekten Ron Edelaar, Elli Mosayebi und Christian Inderbitzin, würden sie seit ihrer Studienzeit beschäftigen. Und ihr erstes gebautes Projekt, nachdem sie 2005 das gemeinsame Büro gegründet hatten, war ein Haus für einen Gärtner. Bei all ihren Häusern, vor allem Wohnungsbau in und um Zürich, spiele das Verhältnis zwischen Architektur und Garten eine große Rolle. In der Architektur Galerie Berlin gab es die Architektur schon, den Galerieraum an der Karl-Marx-Allee. Da schien die Idee nicht abwegig, für ihre Ausstellung sieben Kubikmeter Erde und tonnenweise Bäume, Sträucher und Gräser herzuschaffen – und die Galerie zum Garten umzubauen.
Die Illusion ist perfekt und die Installation von solch atmosphärischer Dichte, dass sich die Frage gar nicht stellt, ob ein Indoor-Garten mit lebenden Pflanzen, Fototapete und Tiergeräusche-Soundinstallation nicht auch eine kitschige Komponente hat. Stattdessen beginnt man nachzudenken über das fragile Verhältnis von echt und künstlich, von drinnen und draußen, von beständig und vergänglich. Und die Architektur von Edelaar Mosayebi Inderbitzin? Die findet, wer möchte, in einem Buch, das auf dem Tischchen liegt – in einem Stapel zusammen mit Literatur über Gärten.