Der Tagesspiegel
Kuben, die schweben
By Michael Zajonz

Review

Wer sich die neuen Einfamilienhaussiedlungen an der Berliner Peripherie anschaut, muss den Eindruck gewinnen, dass es die sachliche Architektursprache der Moderne nie gegeben hat. Was sich dort an grün und blau glänzenden Dächern, Türmchen und Giebelchen, Grundstücksumfriedungen und Garagen im Hazienda- oder Landhausstil auftut und -türmt, lehrt das Grausen. Wie gut, dass es noch Architekten wie das Berliner Büro Becher + Rottkamp gibt. Architekten, die die vornehme Entwurfsaufgabe des individuellen Einfamilienhauses ernst nehmen. Und die dafür ebenso klassisch-moderne wie undogmatische Lösungen finden. Die Ausstellung 1, 2, 3 Häuser in der Architektur Galerie Berlin (Karl-Marx-Allee 96, bis 10.11.) stellt drei realisierte Häuser vor: in Zehlendorf, Wilhelmshorst bei Potsdam und Recklinghausen, entstanden zwischen 1996 und 2004. Klare zweigeschossige Kuben mit guten, bequemen Grundrissen, „geerdet und doch schwerelos, ganz selbstverständlich an ihrem Ort und doch besonders in ihrer Gestalt und Qualität“, wie Tagesspiegel-Autor Jürgen Tietz bei der Ausstellungseröffnung feststellte. Zu sehen sind in der Architektur-Galerie allerdings nur drei Großfotos von Stefan Müller, die jeweils frontal eine Fassade abbilden. Tolle Fotos, die spärlich durch Kurztexte und Grundrisse kommentiert werden – und eine kostenlose Broschüre des vor 15 Jahren gegründeten Büros. Für eine Ausstellung ist das leider ein wenig zu viel Reduktion.