Da steht dieses Ding in der Galerie. Nimmt den Ausstellungsraum vollkommen in Beschlag. Drückt sich bis fast an die Wände und die Decke. Was soll das sein: Exponat? Ausstellungsarchitektur? Schikane?
An Letzteres glaube ich ganz fest, als ich die Galerie betrete und hinter der Eingangstür nicht weiterkomme, ohne mich in das Ding hineinzuzwängen. Hier offenbart sich immerhin eine Struktur: Das aus spitzen Dreiecken zusammengesetzte Objekt ist ein labyrinthischer Gang, der durch den Raum mäandert. Also doch Ausstellungsarchitektur? Kaum – hier drin ist nichts aufgehängt, aufgestellt oder sonstwie präsentiert. Es sei denn, man würde die grell-leuchtende Farbe, in der Wände, Decke und Boden gestrichen sind, als Exponat bezeichnen. Wo das Ding Öffnungen hat (einige Dreiecke hat man einfach weggelassen), gibt es doch Exponate – nicht hier drin, aber an den Wänden der Galerie hängen Fotos. Soll man die von hier anschauen? Oder sich durch das Ding hindurch wieder in die Galerie zwängen, um die Fotos aus der Nähe zu betrachten? Sei’s drum: Ich fühle mich unbeobachtet und wage den Schritt nach „draußen“.
Auf den Fotos sind Menschen zu sehen. Menschen vor und in Gebäuden der Münchner Architekten bogevischs buero. Der Fokus scheint, irritierend in einer Architekturgalerie, tatsächlich auf den Menschen zu liegen. Doch das wirkt nur auf den ersten Blick so. Denn die Hamburger Fotografin Julia Knop hat nicht etwa Porträts dieser Leute angefertigt und die Bauten als Hintergrund benutzt – vielmehr porträtiert sie die Außen- und Innenräume der Häuser. Und die Frauen, Männer und Kinder, die sie in den Fotos platziert, dienen dazu, diese Räume zu definieren. So wird eine Ecke an den Studentenbungalows im Olympischen Dorf durch einen Grill und eine Gruppe junger Leute, die um einen Tisch sitzen, zu einem geselligen Platz, an dem man sich gerne trifft. Der Durchgang in der Wohnanlage Hollerstauden in Ingolstadt kann gar nichts anderes sein als ein toller Ort zum Fußballspielen; ohne die Kinder im Bild wäre man vielleicht auf die Idee gekommen, es könnte hier ein bisschen zugig sein. Details der Architektur treten auf Knops Fotos zurück zugunsten von Begegnungsräumen, die diese Architektur bildet – eine ungewohnte Perspektive.
Ist vor diesem Hintergrund auch das viel zu große Objekt in der Galerie zu verstehen? Soll es dem Galeristen sagen: Dieser Raum ist längst zu klein geworden, um hier auszustellen? Die Sache bleibt rätselhaft.