In einer Ausstellung in der Berliner Architektur Galerie präsentiert HG Merz seine Haltung zur Idee einer Werkschau. Und weckt damit Neugier darauf, wie einer der profiliertesten Ausstellungsmacher auf sein eigenes Werk zurückblickt. Der Architekt und Gestalter, der unter anderem die Sanierung der Staatsbibliothek und der Staatsoper in Berlin verantwortet, zeigt in der Ausstellung von ihm gesammelte Artefakte, verknüpft sie mit seinen gebauten Werken und eröffnet so Einblicke in seine Denk- und Arbeitsweise.
Der Titel der Ausstellung “Wildes Denken“ steht in großen roten Buchstaben auf den Schaufenstern zur Karl-Marx-Allee. Das ist nicht nur der vielversprechende Titel der Ausstellung, sondern gleichzeitig ein Verweis auf den französischen Ethnologen Claude Lévi-Strauss. Dieser beschreibt in dem gleichnamigen, in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts veröffentlichten Buch das „wilde Denken“ als eine holistische Weltanschauung, bei der alle Vorgänge und Dinge der Umwelt in einem Zusammenhang stehen. Der Franzose entwickelte daraus ein Ordnungssystem für die Betrachtungsweise von Vorgängen in der Welt. Auch HG Merz, das zeigt die Ausstellung, betrachtet jede seiner Arbeiten im Zusammenhang zu dem Vorgefundenen und versucht seine Arbeiten in der Ausstellung zu ordnen. Der Titel erschließt interessante Parallelen zwischen der assoziativen und kombinatorischen Herangehensweise von HG Merz und der Weltanschauung des „wilden Denkens“.
Die Kuratoren HG Merz und Pablo von Frankenberg organisieren die mehr als ein Dutzend Exponate der Ausstellung auf Pappkartons. Diese stehen in dem 65 Quadratmeter großen Raum in ihren Deckeln auf dem Boden verteilt, teils noch halb bedeckt, oder sind an die Wänden gehängt. Der Karton, ein einfaches Material, gibt der Ausstellung einen archivischen Charakter. Alles kann jederzeit wieder verschwinden. Klappe zu, Karton weg. Auf und in den Kartons sind gesammelte Artefakte aus HG Merz Privatarchiv präsentiert, wie zum Beispiel eine frühe Ausgabe von Karl Marx´ „Das Kapital“ aus dem Bestand der Staatsbibliothek Unter den Linden. Als die Sanierung der Bibliothek abgeschlossen war, durfte sich der Architekt ein Werk aussuchen. In der Ausstellung thront eine präparierte Eule darauf. Ein Gegenstand und ein Projekt bilden so als durchlaufendes Thema der Ausstellung immer ein Beziehungspaar. Allerdings sind die Zusammenhänge zwischen dem Exponat und dem Projekt nicht immer leicht zu erkennen und verständlich.
Die Handreichung in Form einer Zeitung ergänzt die 19 gezeigten Artefakte um pointiert zusammengetragene Begleittexte und Assoziationsketten zu den behandelten Projekten. Das bietet die großartige Chance in erneuter Auseinandersetzung mit dem gebauten Werk ein gedachtes Ganzes zu verstehen.