Das Zürcher Büro Rossetti+Wyss beschäftigt sich damit, Qualitäten traditionellen Massivholzbaus neu zu entdecken und in zeitgenössische Architektur zu transportieren. Die Schweizer Architekten präsentieren ihre feinen Holzbauten jetzt in Berlin.
Massivholz als tragendes Baumaterial hat viele Vorteile: Es riecht gut und fühlt sich gut an, es ist umweltfreundlich und ästhetisch, es hat gute Dämmwerte und eine ausgezeichnete Tragfähigkeit. Die Schweizer Wälder können in weniger als zwanzig Minuten alle Rohstoffe produzieren, die für den Bau eines ihrer Gebäude nötig ist – rechnen die Architekten Rossetti+Wyss auf einer ihrer Tafeln vor, mit deren Hilfe sie sich derzeit in einer exzeptionellen Ausstellung in der Architekturgalerie in Berlin-Friedrichshain präsentieren. Die Schau selbst ist ebenso umwerfend gestaltet wie ihr Sujet: Schöne, große Schwarz-Weiß-Fotos, informative Schnittmodelle aus Holz und MDF und ansehnlich klare Zeichnungen, die mitteilsam sind ohne geschwätzig zu sein. Stark! Thomas Kramer vom Verlag „Park Books“, der als Eröffnungsredner der Ausstellung aus Zürich eingeladen war, nannte die Arbeit der beiden Architekten „getrieben von Neugierde auf der Suche nach dem Spezifischen und Einfachen“. Mit Peter-Bichsel-haften Sätzen beschreiben die Architekten ihre Werke „Es ist, was es ist“ zum Beispiel. Das klingt tautologisch, aber es beschreibt den Ansatz der Architekten, die von sich selbst sagen ihre „gestalterische Haltung sei die Zurückhaltung.“
„Die Kraft liegt im Stoff, in der Form, in der Kombination und der Reflexion“, so Nathalie Rossetti und Mark Aurel Wyss, die ihr Architekturbüro im Jahr 2000 in Zürich gegründeten. In der Berliner Schau zeigen sie fünf kleinere Werke: Die Werkhalle AWEL für Nutzfahrzeuge beispielsweise besteht aus nur 36 massiven, großen Holzelementen, die vorfabriziert und auf der Baustelle ineinander verzahnt wurden. Wände, Dachbinder und die Dachfläche bestehen aus Massivholz. Öffnungen im Bereich der Dachbinder versorgen die Halle mit Tageslicht und Luft. Fertig! In der Berliner Ausstellung präsentieren die Architekten ihr Modell als Bausatz. Das Haus Gottshalden auf einer Hochebene am Zürichsee gelegen, ist „holzig und scharfkantig“. Massive Eichendielen überspannen hier in Verbundbauweise die Räume. Die Innenräume atmen. Beim Festraum Trublerhütte ist den Architekten ein Haus gelungen, das Innen- und Außenraum zugleich ist. Denn große Tore öffnen den Saal zum umgebenden Wald, bieten Ein- und Ausblicke in die Umgebung. Das Doppelhaus in Zürich hingegen besteht aus Holzwänden, auf denen massive Betondecke ruhen. Die Bachmatte in Gstaad offenbart einen sorgfältigen Umgang mit dem Bestand und findet eine Balance zwischen Konstruktion und Form, Material und Funktion, Dichte und Leichtigkeit.
So illustriert jedes der präsentierten Gebäude einen Aspekt in der Arbeitsweise von Rossetti+Wyss, die „eine eindeutige, einmalige und wiedererkennbare Haltung suchen“. Durch die Reduktion der Gestaltungsmittel entsteht ein „kontrolliertes Produkt der Projektidee“, wie sie es nennen. Einfach anmutende Formen verstärken dabei die Lesbarkeit des Entwurfs, Zurückhaltung, die Arbeit im Kontext, die Ökonomie der Mittel und Ausgewogenheit prägen die Bauten. Integration und Bescheidenheit sind die Zutaten ihrer Architektur: Ein Erfolgsrezept!