Bauwelt 36 / 2008
unten oben – Schneider+Schumacher im Werkraum der Architektur Galerie Berlin

Review

Die grob gepixelte Fototapete an der Rückwand der Galerie stimmt auf der Stelle melancholisch. Ach ja, schön war das damals, als noch alles im Werden war. Als man noch hoffen konnte, dass das, was da werden würde, gut werden würde. Und heute? Der Potsdamer Platz ist längst fertig und ist eben, wie er ist. Der Leipziger Platz wartet noch auf seine Vollendung, ist aber schon zu weit gediehen, als dass man noch Hoffnung auf ein Schwinden der Langeweile haben könnte. Nie mehr, das wird dem Besucher der kleinen Ausstellung „unten oben“ unwillkürlich klar, war es in Berlin so aufregend wie in jenen fünf Jahren, als die rote Infobox quer über dem Leipziger Platz schwebte.

Mit dem lapidaren Fotografenblick durch die schrägen Stützen der legendären Infobox erinnern Till Schneider und Michael Schumacher im „Werkraum“ der Architektur Galerie Berlin geschickt daran, dass sie die Erbauer des Wahrzeichens für das werdende Nachwende-Berlin waren. Gedankt hat man ihnen das zunächst nicht, ein Folgeauftrag für ein „richtiges“ Gebäude in der Hauptstadt ließ lange auf sich warten. Nun gibt es ein konkretes und dazu prominentes Projekt: ein Hotel am Alexanderplatz, an der Grunerstraße, um genau zu sein, das mit knapp 60 Meter Höhe durchaus eine Marke setzen wird; derzeit wird das Grundstück von den Resten des Vorgängerbaus freigeräumt. Auf einer langen Reihe aus Zeichentischen ist in der Achse des Galerieraums alles aufgereiht, was nötig ist, um das Hotelprojekt von der Skizze bis zur Genehmigungsplanung erschöpfend zu verinnerlichen: Zeichenbücher, Pläne, zuvorderst Modelle in allen erdenklichen Maßstäben und Ausschnitten. Spektakulär das Tragwerk des Hauses: Da es über zwei sich kreuzende U-Bahnlinien gebaut werden soll, müssen die Kräfte stellenweise gehörig spazierengeführt werden – was wiederum Assoziationen an die Infobox weckt.

Im dritten Teil der Schau wird mit der Erweiterung des Städel-Museums in Frankfurt am Main ein weiteres aktuelles Großprojekt der Architekten präsentiert: die Dokumentation des gewonnenen Wettbewerbs (Heft 12) und riesige Styropormodelle der Schale, die den neuen unterirdischen „Gartensaal“ vom Städel überdecken soll, füllen die beiden Schaufenster der Galerie. So viel „richtige“ Architekturausstellung war selten im Werkraum.

fr